Kein fernabsatzrechtliches Widerrufsrecht des Mieters nach Zustimmung zu einer Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete
Der Kläger ist Mieter einer Wohnung der Beklagten in Berlin. Im Juli 2015 forderte die Beklagte, eine Kommanditgesellschaft, vertreten durch die Hausverwaltung, den Kläger unter Bezugnahme auf den Berliner Mietspiegel brieflich auf, einer (näher erläuterten) Erhöhung der Netto-
Mit seiner Klage verlangt er die Rückzahlung der für diese zehn Monate entrichteten Erhöhungsbeträge von insgesamt 1.211,80 € sowie die Feststellung, dass sich die Netto-
Die Klage hat in den Vorinstanzen keinen Erfolg gehabt. Dabei ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass im Grundsatz auch bei Zustimmungserklärungen des Mieters zu Mieterhöhungsverlangen (§ 558a Abs. 1, § 558b Abs. 1 BGB) ein fernabsatzrechtliches Widerrufsrecht des Verbrauchers bestehe. Im vorliegenden Fall fehle es jedoch an einem im Fernabsatz geschlossenen Verbrauchervertrag (§ 312c Abs. 1 BGB). Denn die Mieterhöhungsvereinbarung zwischen dem Kläger als Verbraucher und der Beklagten, die gewerblich Wohnungen vermiete, sei zwar unter ausschließlicher Verwendung von Fernkommunikationsmitteln (Brief), nicht jedoch "im Rahmen eines für den Fernabsatz organisierten Vertriebs-
Der unter anderem für das Wohnraummietrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die Revision zurückgewiesen und entschieden, dass -
Der Wortlaut des § 312 Abs. 4 Satz 1 BGB erstreckt das Widerrufsrecht zwar auf "Verträge über die Vermietung von Wohnraum". Der Anwendungsbereich dieser Vorschrift jedoch ist dahingehend einschränkend auszulegen, dass ein Widerrufsrecht des Mieters bei einer Zustimmungserklärung zu einer vom Vermieter verlangten Erhöhung der Miete nach den §§ 558 ff. BGB nicht gegeben ist. Dies folgt aus dem Regelungszweck sowohl der Bestimmungen über die Mieterhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete (§§ 558 ff. BGB) als auch der Bestimmungen über das Widerrufsrecht des Verbrauchers bei Fernabsatzverträgen.
Denn mit dem in § 312 Abs. 4 Satz 1 BGB vorgesehenen Widerrufsrecht des Mieters einer Wohnung soll Fehlentscheidungen aufgrund der Gefahr psychischen Drucks sowie dem typischerweise bestehenden Informationsdefizit des Mieters begegnet werden. Dieser Zielsetzung des Gesetzes tragen bei Mieterhöhungen bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete die in den §§ 558 ff. BGB vorgesehenen Bestimmungen zum Schutz des Mieters bereits uneingeschränkt Rechnung. Gemäß § 558a Abs. 1 BGB ist das (in Textform zu erklärende) Mieterhöhungsverlangen vom Vermieter zu begründen. Damit soll dem Mieter die Möglichkeit gegeben werden, die sachliche Berechtigung des Erhöhungsverlangens zu überprüfen. Schon dadurch kann der Mieter seinen rechtsgeschäftlichen Willen ohne ein Informationsdefizit und außerhalb einer etwaigen Drucksituation bilden. Außerdem räumt das Gesetz dadurch, dass der Vermieter frühestens nach Ablauf des zweiten Kalendermonats nach Zugang des Mieterhöhungsverlangens auf Erteilung der Zustimmung klagen kann (§ 558b Abs. 2 BGB), dem Mieter eine angemessene Überlegungsfrist ein, innerhalb derer er sich entscheiden kann, ob und gegebenenfalls inwieweit er der Mieterhöhung zustimmt. Somit ist bereits durch die Bestimmungen der §§ 558 ff. BGB sichergestellt, dass der Sinn und Zweck der verbraucherschützenden Regelungen für Vertragsabschlüsse im Fernabsatz erfüllt ist.
Die Rechtsprechung des Senats zum Widerrufsrecht des Mieters bei außerhalb von Geschäftsräumen (früher: in einer Haustürsituation) geschlossenen Verbraucherverträgen zwischen einem Vermieter und einem Mieter (BGH, Urteil vom 17. Mai 2017 – VIII ZR 29/16, NJW 2017, 2823 Rn. 11 ff.) bleibt hiervon unberührt.
Vorinstanzen:
Amtsgericht Pankow-
Landgericht Berlin -
BGH, Urteil vom 17.10.2018 -
Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshof vom 17.10.2018