Nutzung einer Teileigentumseinheit als Flüchtlingsunterkunft
Der Bundesgerichtshof hat über einen zwischen zwei Teileigentümerinnen geführten Rechtsstreit entschieden, der die Zulässigkeit der Nutzung einer früher als Altenpflegeheim dienenden Teileigentumseinheit u.a. als Flüchtlingsunterkunft zum Gegenstand hatte.
Die Teileigentümergemeinschaft besteht aus der Klägerin und der Beklagten. Bei der Errichtung des Gebäudes zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde es als Kinderheim konzipiert und zunächst auch als solches genutzt. In den 1970er Jahren erfolgte die Aufteilung in zwei Teileigentumseinheiten (vgl. dazu § 1 Abs. 3 WEG). Zu dieser Zeit befand sich in der deutlich größeren Einheit Nr. 1, die inzwischen im Eigentum der Beklagten steht, ein Altenpflegeheim. In der Einheit Nr. 2 der Klägerin wurde fortlaufend eine Arztpraxis betrieben; heute ist dort eine kardiologische Praxis ansässig. Die Teilungserklärung enthält folgende Regelung:
"Herr (…) teilt hiermit das Eigentum (…) in der Weise in Miteigentumsanteile auf, dass mit jedem Miteigentumsanteil das Sondereigentum an bestimmten, nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen, verbunden wird."
Im Einzelnen wurden gebildet:
1. Miteigentumsanteil von 869/1000 verbunden mit dem Sondereigentum an sämtlichen (…) Räumen des Altenpflegeheims (…), im Aufteilungsplan mit Nr. 1 bezeichnet,
2. Miteigentumsanteil von 131/1000, verbunden mit dem Sondereigentum an sämtlichen (…) Räumen der (…) Praxis, im Aufteilungsplan mit Nr. 2 bezeichnet.
Die Einheit Nr. 1 – das frühere Altenpflegeheim – steht seit dem Jahr 2003 leer. Die Beklagte hat zunächst angekündigt, darin ein Arbeiterwohnheim einzurichten; nunmehr will sie die Einheit als Unterkunft für Asylbewerber oder Flüchtlinge nutzen.
Auf die von der Klägerin erhobene Unterlassungsklage hat das Amtsgericht der Beklagten untersagt, in dem Teileigentum Nr. 1 eine Unterkunft für "Arbeiter, Asylbewerber, Flüchtlinge oder sonstige in den Raum München Zugezogene oder Gestrandete zu betreiben oder von Dritten betreiben zu lassen." Das Landgericht hat die Berufung durch Beschluss zurückgewiesen. Mit der von dem Bundesgerichtshof zugelassenen Revision will die Beklagte die Abweisung der Unterlassungsklage erreichen.
Der unter anderem für das Wohnungseigentumsrecht zuständige V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat den Beschluss des Landgerichts aufgehoben und die Klage abgewiesen. Er hat einen Unterlassungsanspruch der Klägerin gemäß § 15 Abs. 3 WEG verneint, weil er die von der Beklagten beabsichtigten Nutzungsformen im Grundsatz als zulässig ansieht. Dabei hat sich der Senat von folgenden Erwägungen leiten lassen:
Die mit Wohnungs-
Mit der vorliegenden Entscheidung hat der Bundesgerichtshof geklärt, dass eine (nicht zu Wohnzwecken dienende) Nutzung als Heim dadurch gekennzeichnet wird, dass die Unterkunft in einer für eine Vielzahl von Menschen bestimmten Einrichtung erfolgt, deren Bestand von den jeweiligen Bewohnern unabhängig ist, und in der eine heimtypische Organisationsstruktur an die Stelle der Eigengestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises tritt. Die Grenzen einer Wohnnutzung werden überschritten, wenn die Nutzung nicht nur durch die schlichte Unterkunft, sondern durch die von der Einrichtung vorgegebene Organisationsstruktur und -
Was die Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbewerbern angeht, dient die Überlassung von Wohnungen von üblicher Größe und Beschaffenheit an diesen Personenkreis im Grundsatz Wohnzwecken und zwar auch dann, wenn die Bewohner nicht familiär verbunden sind. Eine Überbelegung muss allerdings von den übrigen Wohnungseigentümern nicht ohne weiteres hingenommen werden. Dagegen ist die Unterbringung in einer Gemeinschaftsunterkunft im Sinne von § 53 AsylG in der Regel als heimähnliche Unterbringung anzusehen, die grundsätzlich nur in Teileigentumseinheiten erfolgen kann. Denn in der Gesamtschau mit der erforderlichen baulichen Größe und Ausgestaltung der Einheit machen das enge Zusammenleben, die Anzahl und die häufige Fluktuation der Bewohner eine heimtypische Organisationsstruktur erforderlich; in typisierender Betrachtung fehlt es an einer Eigengestaltung der Haushaltsführung und des häuslichen Wirkungskreises. So müssen etwa Zimmer und Betten zugewiesen, Verhaltensregeln im Hinblick auf Ruhezeiten sowie die Nutzung gemeinschaftlicher Küchen-
Die Entscheidung des Landgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar. Daher hat der Senat den angefochtenen Beschluss aufgehoben und die Klage abgewiesen. Der maßgeblichen Teilungserklärung lässt sich nicht mit der erforderlichen Klarheit entnehmen, dass die Einheiten ausschließlich als Altenpflegeheim bzw. Praxis dienen dürfen, also auch für die Zukunft die Fortsetzung der zur Zeit der Aufteilung ausgeübten Nutzung vereinbart worden ist. Infolgedessen darf die Einheit zwar nicht zum Wohnen, aber zu jedem anderen Zweck genutzt werden, und damit auch -
Vorinstanzen:
AG Starnberg – Urteil vom 18.12.2015 – 3 C 682/15 WEG
LG München I – Beschluss vom 15.06.2016 – 36 S 734/16 WEG
BGH, Urteil vom 27.10.2017 -
Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshof vom 27.10.2017